Aufpoliertes Bild vom Jazz gibt Improvisation neue Züge

Matthias Hautsch Trio begeisterte beim "Musikalischen frühschoppen" / Gastsängerin Sandy Wollasch mit ganz viel Power"

 

 

Einen perfekten Auftakt erlebte die Saison des "Musikalischen Frühschoppens" am vergangen Sonntag im "Alten Bahnhof" der Gemeinde Neulußheim: Das Matthias Hautsch Trio gastierte vor einem knallvollen Saal mit einer Melange aus Jazz- und Pop-nummern.

Eigentlich sollen die Frühschoppen ja im Bahnhofsgarten stattfinden, das kühle und unbeständige Wetter zwang die Gäste allerdings hinein - was der Veranstaltung aber keinen Abbruch tat. Zusammen mit seinem Drummer Christoph Schlumberger und dem Bassisten Torsten Steudinger nahm Gitarrist Hautsch sich und seine Musik weit genug zurück, um die Gäste auch in einem kleinen Saal nicht zu erdrücken.

Überhaupt ist die Flexibilität ein ganz markantes Erkennungszeichen dieser Formation. Nur wenigen Ensembles gelingt es, sich so perfekt an die Stimmung im Publikum, an die Wünsche der Zuhörer  und an die Gegebenheiten vor Ort anzupassen, um jeweils die richtige Sprache, den richtigen Umgang, den richtigen Drive zu wählen.

Vielleicht versteht Hautsch sich mit seinem Publikum deshalb so gut. Und das Publikum versteht den Musiker, der es liebt, bekannte Titel durch den Fleischwolf seiner Gedanken zu drehen und ganz neue, reizvoll andersartige Interpretationen aus den Versatzstücken zu entwickeln. Dabei ist die Hingabe, die alle drei Musiker an ihre Kunst zelebrieren, ein Garant für die besondere Spielweise, in der sich Rhythmus und Melodie

als Einzelkomponenten völlig aufzulösen scheinen, um ein gemeinsames Ganzes hervorzubringen, das weitaus mehr ist als die Summe seiner Teile.

Sie demonstrieren mit jedem Takt, dass Jazz eine pulsierende Lebensader sein kann, etwas, das Freude macht und Freude bereitet. Dem Stil  dieser Truppe geht angestaubte Patina völlig ab, sie polieren das Bild vom Jazz auf, geben der freien Improvisation neue Züge und gestalten damit die Hörwelt ihrer Zuhörer neu.

Sicherlich kommt ihnen dabei die aus unzähligen Auftritten herrührende Professionalität und die aus gemeinsamen Auftritten mit anderen Größen quellende Verortung zugute - dem Auditorium wurde schon nach dem ersten Stück klar, dass hier drei Vollblutmusiker spielen, denen die Seele überläuft.

Bereits traditionell lädt Hautsch sich Gastsänger ein. Diesmal war es die Karlsruherin Sandie Wollasch. Die zierlicxhe Person kam mit einer unglaublichen Power in der Stimme daher, mit eienr enthusiastischen interpretationsfreude und einem ausgelassenem Wesen, das nicht nur das Publikum gefangen nahm, sondern das sich vor allem perfekt in die fordernde Musik des Trios einpaßte. Stimmlich völlig befreit und unabhängig gab sie dem Instrumentalsound eine Vitalität mit, dass es im wahrsten Sinne des Wortes nur so krachte.

Die Dreißigjährige ist bekannt als Frontfrau der "Groove Incorporation", erlangte aber ganz besonderen Rum in der Jazzsparte durch gemeinsame Produktionen mit der Band von Echo-Preisträger Helmut Hattler.

Der Jazz scheint der vitalen Blondine wie auf den Leib geschnittenm, sie nutzt alle Freiräume, die er einräumt, mit ihrer beeindruckenden Stimme aus und setzt so Akzente, die unvergesslich bleiben - die ABBA-Hymne "Waterloo" aus ihrer Kehle und in ihrer Machart ist eben eine ganz andere, höchst eigene Art von Musik.

Bis zum letzten Ton der Zugabe "Stand by me" hauchte,k dröhnte,, jubilierte sie - und hinterließ ein Publikum, das restlos begeistert war von einem Auftritt, der für die diesjährigen Sonntags-Frühschoppen sicherlich einen hohen Maßstab gesetzt hat.                                                mhw

Mannheimer Morgen