Ein musikalischer Schlotzer

Virtuoser Jazz-Pop in der Schalterhalle mit dem „Matthias Hautsch Quartett“
FREUDENSTADT (vov). Würde Pop immer so klingen, müssten sich Jugendliche nie mehr ein „Mach‘ leiser“ anhören. Mit virtuosen, akustischen und originellen Interpretationen von Pop-Hits verwöhnte das „Matthias Hautsch Quartett“ am Mittwoch 150 Zuhörer in der Kundenhalle der Kreissparkasse.
Das „Matthias Hautsch Quartett“ faszinierte am Mittwoch gemeinsam mit der Sängerin Annette Kienzle und mit jazzigen, akustischen und immer originellen Arrangements von Pop- und Jazz-Klassikern in der Kundenhalle der Freudenstädter Kreissparkasse. Bild: vov

Ein „Streifzug durch die amerikanische Jazz-, Pop- und Rockgeschichte des 20. Jahrhunderts“ war angekündigt. Und doch ließen sich die Musiker von den vielen Anzügen, Krawatten und in Ehren ergrauten Frisuren etwas verunsichern. Deshalb verschwand manche jazzrockende Matthias Hautsch-Komposition aus dem Programm. Eine unnötige Vorsichtsmaßnahme. Das Publikum war schlicht begeistert von Stücken wie „Time to think“.

„Wir wollen zeigen, dass Popmusik nicht nur brachial ist, sondern auch klassisch sein kann“, betonte Sängerin Annette Kienzle angesichts der maskierten Grand Prix-Hardrocker „Lordi“ und fügte augenzwinkernd in Richtung des Gitarristen Hautsch hinzu: „Hast du deine Maske schon abgenommen?“ Dabei hat die gebürtige Sulzerin doch selbst eine düstere Metal-Vergangenheit. Immerhin hat sie das Album „Karma“ der Prog-Metaller „Charisma“ eingesungen.

Für Matthias Hautsch selbst dürften Hardrock-Vergleiche eh kein Problem sein. Nicht nur sein „5150“ auf Verstärker und Gitarre outete ihn als Eddie Van Halen-Fan. Auch die Begeisterung, mit der er in genretypischen Posen messerscharfe Soli in seinem Instrumentalwerk „Names“ abfeuerte, sprach Bände.

Kreissparkassen-Direktor Uwe Braun versprach zu Beginn ein „ganz besonderes Musikerlebnis“, und die Band hielt Wort. Der Johnny Nash-Hit „I can see clearly now“ war geprägt vom fast aufdringlichen Kontrabass-Groove des Bassisten Torsten Steudinger, der damit auch die „Diskretion bitte!“-Trennwände etwas zum Mitschwingen brachte. Über allem aber schwebte verträumt die schöne Stimme von Annette Kienzle. Der „The Police“-Klassiker „Every little thing she does is magic“ fetzte selbst im akustischen Hautsch-Arrangement. Das jazzig interpretierte „Staying Alive“ ließ einen dagegen nur entfernt an einen „Bee Gees“-Disco-Hit der Achtziger denken. Und auch das Publikum zierte sich ein wenig, „Ha, ha, ha, staying alive“ mit der nötigen Begeisterung mitzusingen. Fetzig startete die Band nach der Pause mit dem Jazz-Blues „Bouncin‘“, während beim Titel „s‘Leben isch koin Schlotzer“ zuerst kaum jemand meditative und akustische Gitarrenmusik erwartete. Der Gospel „People get ready“ ging dank Annette Kienzles gefühlvoller Stimme unter die Haut. Zudem hatte hier Keyboarder Holger Engel Raum für ein hammondartiges Solo.

Als kleiner Hinweis auf das Festival-Thema „Mozart und Amerika“ erklang eine wunderschön ruhige Fassung von David Bowies „This is not Amerika“, bevor Schlagzeuger Cay Rüdiger im Samba „A little warm death“ bewies, dass ein Schlagzeugsolo nicht nur rhythmisch perfekt, sondern auch richtig musikalisch sein kann.